(CBQ Webteam + Content der Stadt Jena) – Seit dem Frühjahr 2021 liegt der Thüringer Landesregierung sowie dem Landtag ein vom Ministerium für Inneres und Kommunales in Auftrag gegebenes Gutachten zur Prüfung des vertikalen und horizontalen Finanzausgleichs vor. Das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut der Uni Köln zeigt darin auf, dass die Finanzausstattung der Gemeinden, insbesondere der kreisfreien Städte in Thüringen, nicht dem verfassungsgemäßen Anspruch genügt.
Deutlich wird im Gutachten außerdem, dass vor allem die kreisfreien Städte im Vergleich zu den Verwaltungsebenen „Freistaat Thüringen“ und „Landkreise“ bisher am schlechtesten finanziert sind. Danach müsste den kreisfreien Städten, ausgehend von der Schlüsselmasse des Jahres 2019, zum Ausgleich dieser Benachteiligungen in Summe ein Betrag von mindestens 70 Millionen Euro jährlich mehr zur Verfügung gestellt werden. Da eine Erhöhung der Schlüsselmasse in 2020/2021 tatsächlich bereits stattgefunden hat, sind jedoch in Anwendung der Berechnungsmethoden des Gutachtens keine weiteren signifikanten Erhöhungen zu erwarten.
Das mit dem Gutachten vorgestellte novellierte Finanzausgleichsmodell wird von Vertretern der kreisfreien Städte wie dem Jenaer Stadtoberhaupt Dr. Thomas Nitzsche ausdrücklich begrüßt, da es grundsätzlich in die richtige Richtung weise, so die Aussage. Es könne aber trotzdem nicht vorbehaltlos unterstützt werden, denn die vorgesehenen höheren Zuweisungen würden weiterhin nicht in allen Kommunen zur Deckung des Finanzbedarfes ausreichen. Es zeige sogar für einige Kommunen zukünftig geringere Zuweisungen erhalten werden. als es derzeit der Fall sei, so Nitzsche. Ziel der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs müsse es jedoch sein, dass alle Thüringer Städte, Gemeinden und Landkreise mit einer entsprechenden Finanzausstattung durch das Land dauerhaft in die Lage versetzt werden, ausgeglichene Haushalte aufstellen zu können.
Die im Gutachten zur Ermittlung des Finanzbedarfes verwendeten Faktoren erscheienen zum Teil insoweit nicht umfassend sachgerecht, als z.B. für viele kommunale Aufgabenbereiche die Einwohnerzahl anstatt z.B. die Fläche als bedarfsbestimmender Faktor herangezogen wird, erklärte der Erfurter OB Andreas Bausewein. Auch wesentliche Sonderbedarfe einzelner Kommunen, die sich u.a. aus atypischen Besonderheiten (z.B. der Ausdehnung eines Stadtgebietes, besonderer Topographie oder aus der historischen Entwicklung übernommenen Finanzierungspflichten für Einrichtungen mit überregionalem Charakter) ergeben und nicht aus eigener Kraft finanziert werden können, müssten im kommunalen Finanzausgleich Berücksichtigung finden.
Mit dem Gutachten werden die Landesregierung und der Thüringer Landtag als Gesetzgeber aufgefordert, bei der künftigen Bemessung der Höhe der Finanzausgleichsleistungen des Landes an die Kommunen, insbesondere an die kreisfreien Städte, die tatsächlichen Aufwendungen im Sozial- und Jugendhilfebereich deutlich besser abzubilden und zu gewichten. Ausdrücklich wird von der Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut der Universität Köln kritisiert, dass bei der Bedarfsbemessung die Fallzahlen nur unzureichend berücksichtigt werden. Und in der Tat sorgen die massiven Kostensteigerungen im Sozial- und Jugendhilfebereich schon seit Jahren zu einer Unwucht in den kommunalen Haushalten, mit der Folge, dass nötige Unterhaltungsmaßnahmen und Investitionen in Infrastrukturen wie Schulen, Straßen und Wege, Gebäude, Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz, aber auch in freiwillige Leistungen immer mehr zurückgefahren werden müssen. In einer gemeinsamen Erklärung fordern daher die kreisfreien Städte die Thüringische Landesregierung und die Fraktionen im Landtag dazu auf, ihre Ankündigung einer Umgestaltung des Kommunalen Finanzausgleiches schnellstmöglich, in einem ersten Schritt bereits im Jahr 2022, umzusetzen.
Weiter wurde erklärt, dass die coronabedingten Sonderzahlungen des Bundes und des Landes in den Jahren 2020 und 2021 das bestehende strukturelle Dilemma aller kreisfreien Städte verdecken würden. Mit Auslaufen dieser Sonderzahlungen würden sich zwangsläufig massive Deckungslücken der kreisfreien Kommunen zeigen, die in einzelnen Städten, wie z.B. Eisenach, Gera und Suhl bereits seit Jahren mit unterschiedlicher Ausprägung bestehen und diskutiert werden. Schlussfazit: Die Aufstellung der Haushalte und damit die Handlungsfähigkeit der kreisfreien Städte im Freistaat Thüringen ist konkret in Gefahr.
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